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[GvA]

Vor einem halben Jahr habe ich zusammen mit Bekannten einem Freund von mir ein Intensiv-Fahrertraining zum 30. Geburtstag geschenkt. Bei der Geburtstagsfeier kam dann die Idee auf daß wir (die das Training verschenkten) auch mitkommen.

Der Termin war letzten Sonntag und bis Samstag Abend war ich mir nicht einig mit welchem Auto ich teilnehme. Zur Wahl standen Mini (original), XJ Serie 1 oder XJ40 oder andere Fahrzeuge aus dem Familienfuhrpark (Citroen, Rover, Opel).

Da ich die Serie 1 im Grenzbereich auf der Straße nie testen wollte (ratsam!), der Mini ständig getestet wird (harmlos und unterhaltsam), der XJ40 schon ABS hat (langweilig) war die Sache klar :-)

Wir fuhren also nach Hockenheim mit Peugeot 307, BMW 530d, Passat V6 TDI und Daimler Sovereign 4,2

Schon bei der Anreise haben die Kollegen große Augen gemacht, der Daimler (handgeschaltet, Overdrive, längere Hinterachse) braucht sich beim flotten Gleiten durch den Verkehr vor modernen Autos nicht zu verstecken.

In unserer 12er Gruppe am Fahrsicherheitszentrum war außer mir niemand ohne ABS. Zwei Autos waren ohne ESP. Ich war gespannt:

1. Übung: Slalom, halb auf Gleitbelag, halb auf normalem Straßenbelag

Bis knapp 60km/h ließ sich der Daimler problemlos um die Pylonen bewegen ohne Neigung zum Über- oder Untersteuern. Bei zwei, drei km/h mehr wurde es dann schon schwieriger, sobald eine ausreichende Drehbewegung provoziert wurde konnte ich das Heck nicht mehr einfangen.

Beruhigend: Der Geschwindigkeitsbereich war höher als bei 1er BMW Coupe und 5er BMW Touring. Ich bin also gut durchgekommen und der Wagen war sehr gut zu kontrollieren.


2. Übung: Ausweichgasse auf Gleitbelag (Wasserfontänen)

Ohne ABS brauchte ich nicht zu versuchen die Bremse zu betätigen, d.h. Ausgangsgeschwindigkeit = Ausweichgeschwindigkeit. Bis Tempo 60 kein Problem, 64 ging auch dann aber gleiches Problem wie oben: sobald eine ausreichende Drehbewegung vorhanden ist habe ich die Kontrolle verloren. Meistens ist beim zweiten Ausweichen Unruhe ins System gekommen, Folge: Dreher.

Die beiden BMWs haben diese Geschwindkeiten gar nicht erst erreicht. Dito Passat und die beiden Audi A4 (alt/neu). Große Gesichter! Volker mit seinem 5er hat bei 54km/h kapitulieren müssen. Spitze: Honda Civic (10 Jahre alt) und Peugeot 307cc mit Winterreifen, gut: Opel Astra.

Zum großen Erstaunen aller erwiesen sich Passat und die beiden A4 als ganz große Heckschleudern. Ungewöhnlich für einen Fronttriebler, selbst das ESP war damit überfordert.

Spätestens jetzt war klar in welch geringem Bereich ESP nur wirken kann.


3. Übung: Vollbremsung auf trockener Fahrbahn. Unspektakulär, sehr gut abgeschnitten.


4. Übung: Mü-Split Bremsung auf Belägen unterschiedlicher Reibwerte

Die Musterübung für ABS: links griffige Fahrbahn, rechts Gleitfläche. Ziel: bei einer Vollbremsung gerade zum Stehen zu kommen.
Interessant: Daimler kam bei harter Bremsung (2 Räder noch Kontakt) oder Vollbremsung (4 Räder blockieren) absolut gleichmässig zum Stehen.

Dies gelang manchen ESP Autos noch nicht einmal. Vor allem Passat und Audi hatten lustige Drehbwegungen vorgeführt, der Rest verhielt sich unauffällig.


5. Übung: Kreisbahn (mit Gleitbelag)

Auf der Kreisbahn sollten wir den Bereich zwischen Übersteuern und Untersteuern kennenlernen und mit ABS in Kurven den Grenzbereich auf rutschigem Untergrund kennenlernen.

Letzter Punkt entfiel für mich. Wieder bin ich Geschwindigkeitsvergleich ganz vorne dabeigewesen und war erstaunt wie gut der Wagen sich kontrollieren ließ. Ich konnte sogar auf der Kreisbahn auf dem Gleitbelag beschleunigen ohne Ausbrechen. Schlimmstenfalls ging es neutral über alle Viere nach außen bei guter Kontrollierbarkeit.

6. Übung: Brems-Ausweichmanöver, plötzliche Hindernisse auf normalem Belag bei Nässe (Wasserfontänen)

Bis Tempo 70 (wir starteten mit ca. 50km/h) habe ich beides perfekt durchführen können, Ausweichen und Bremsen. Kein Ausbrechen, nichts! Schneller war dann meine Reaktionszeit an der Grenze. Der schnellste ist mit 74 km/h durchgekommen, hat aber regelmässige Unterbodenwäschen mit Hochdruck genossen. Wollte das dann nicht unbedingt provozieren.

7. Übung: Bergabfahrt auf Gleitbelag mit Ausweichmanöver und anschließender 180 Grad Kurve auf Gleitbelag

Da hier Brems-Ausweichmanöver gefragt waren war ich naturgemäss an der Grenze des Machbaren ohne ABS. Mit der geforderten Anfangsgeschwindigkeit von 50-60 km/h konnte ich problemlos ausweichen nur dabei nicht bremsen. Dadurch wurde es nach den Hindernissen und vor der Kurve ein wenig knapp mit dem Bremsen. Bei jedem zweiten Versuch bin ich aus der Kurve gerutscht, meistens ohne Dreher. Beruhigend war daß fast niemand diesen Parcours wirklich sauber genommen hat außer Honda Civic und dem Peugeot mit den Winterreifen.


8. Übung: Schleuderplatte auf Gleitbelag.

Bei dieser Übung wird bei ca. 50 km/h auf der Gleitfläche die Hinterachse auf Seite geschleudert so daß eine Drehbewegung eingeleitet wird. Ziel dieser Übung war es den Wagen wieder zu fangen und an einem definierten Punkt zum Stehen zu bringen. Leider musste ich mich der BMW-Fraktion anschließen und hatte große Schwierigkeiten den Wagen wieder einzufangen. Nur habe ich im Gegensatz zu den BMWs keine Pirouetten gedreht sondern bin in einer halben Drehung immer irgendwie zum Stehen gekommen. Passat und Audi bestachen auch hier durch große Unkontrollierbarkeit. Wärend die BMWs wenigstens gleichmässig davongeflogen sind waren die 3 VW-Produkte anscheinend völlig unkontrollierbar und sind in alle Richtungen gerutscht.

Außerdem noch machten wir Vollbremsungen auf trockenem Belag. Dies Übung war insgesamt unspektakulär. Ohne ABS konnte ich hier gut punkten.

Fazit:

Bei dem Fahrertraining hat sich gezeigt daß sämtliche elektronischen Fahrhilfen klare Grenzen haben und oft überbewertet werden. Ein gutes und vor allem gutmütig abgestimmtes Fahrwerk ist nach wie vor das A und O. Dazu gehört daß ein Auto vernünftig der Größe und dem Gewicht entsprechend bereift wird. Die Runfflat-Reifen der BMW sorgen für sehr giftige (problematische?) Fahreigenschaften im Grenzbereich. Je breiter der Reifen und je niedriger der Querschnitt desto schwieriger kontrollierbar wird der Wagen wenn die Reifen an der Haftungsgrenze arbeiten.

Mit den 205er Pirellis auf meinem Daimler habe ich da eine ideale Bereifung: das Verhältnis Breite zu Fahrzeuggewicht stimmt ebenso wie der hohe Querschnitt der dem Reifen ein gutmütiges Haftverhalten im Grenzbereich verleit.

Die drei Autos mit "dünner", gut profilierter Bereifung haben insgesamt bei diesem Training am wenigsten Probleme bereitet.

Der fast vierzig Jahr alte Jaguar kann sich bis auf ABS-relevante Übungen (und selbst da noch) problemlos mit modernen Autos messen. Das Fahrwerk ist hervorragend, damals wie heute. Unser Trainer war sehr erstaunt und war bei jeder Übung gespannt wie sich der Daimler verhält. So ein Auto steht im ADAC-Fahrsicherheitszentrum wahrscheinlich nicht sehr oft auf dem Gelände. Der Wagen war so wunderbar so kontrollieren wie er auch sonst auf der Straße fährt - kein bösen Überraschungen und kaum Heckschwenks. Verglichen mit einem neuen BMW, egal ob 1er oder 5er ist das Fahrwerk sehr gutmütig und weniger Hecklastig ausgelegt.

Der Tag im Trainingszentrum hat großen Spaß gemacht und viel Erkenntnis über den eigenen Wagen geliefert. Dank der wenig griffigen Oberflächen auf dem Trainingsgelände haben auch die Reifen keinen wirklich meßbaren Verschleiss erfahren und dementsprechend gering wurde das Fahrwerk belastet. Daher kann ich nur empfehlen so etwas auch mal mit einem Klassiker mitzumachen sofern man regelmässig mit dem Fahrzeug unterwegs ist. Ich fahre etwa 10tkm im Jahr mit dem Daimler und habe durchaus etwas dazugelernt über das Auto.

Ich habe am Daimler in den letzten zwei Jahren das Fahrwerk komplett überholt (alle Achsgelenke, Gummilager, Kreuzgelenke, Federn, Dämpfer) und nach Werksavorgaben eingestellt. Auf dem Wagen sind zwei Jahre alte Pirelli P4000 205/70-15 montiert die ich ringsrum mit nicht werksseitig vorgegebenen aber durchaus sinnvollen 2,3-2,4 Bar befüllt habe. Interessant wäre jetzt noch gewesen, verschiedene Reifendrücke durchzutesten.

Jetzt dürft Ihr eines noch raten: wieviel Sprit habe ich in etwa 6h stop and go auf dem Gelände verbraucht? Dabei sind immerhin knapp 35 Kilometer zusammengekommen!

[GvA]

weitere Bilder

[RudiRednose]

Hallo GvA,

schöner Beitrag! Dieses Fahrsicherheitstraining habe ich schon seit längerem im Auge, bekannt war es mir schon aus meiner aktiven Motorradzeit. Auch da sehr empfehlenswert!!

Werde mit dem S III und meiner Freundin und das andere Spielzeug, einen 964, hinfahren.

Danke für deinen Beitrag + fr. JAG-Grüße

Rudolf de Laat
Krefeld

[SovereignV8]

Hallo,

ist das ein toller Beitrag!!! Habe ihn mit größtem Vergnügen gelesen!!!!!!!!!!

[Pandamator]

Ich schließe mich an! Sehr schöne Bilder, interessanter Text!! Herzlichen Dank dafür. Wer hätte gedacht, dass die Briten so gute Fahrwerke bauen können.

[wulfjag]

hallo

eine tolle idee, alt gegen neu antreten zu lassen.
schöner, spannender und unterhaltsamer bericht.
schöner XJ.
die serie 1 gefällt mir ohnehin sehr gut.

viele grüße
wolfgang

[Sally]

... auch ich schließe mich den Vorrednern an, wirklich ein sehr schöner Bericht. Es machte Freude, ihn zu lesen.
Grüße von Jörg

[Vette71]

Hallo GvA
Toller Bericht, spannend zu lesen..schönes Auto, der S1..
Meiner Meinung nach liegt Dein gutes Abschneiden auch daran, dass Du Dein Auto kennst und es zu bewegen weisst.

Was nützt mir eine Rakete mit allem Schnickschnack, wenn ich nicht damit umgehen kann? Das zeigen alltäglich erlebte Situationen auf meiner 50km langen Autobahnfahrt zur Arbeit..

Gruss
JB

[GvA]

Hallo,

OK ich gebe zu - bin durch etwas Motorsport vorbelastet und trainiert und habe wahrscheinlich ein halbwegs brauchbares Gefühl auch für dieses Fahrzeug.

Einer der Teilnehmer war mit einem 135i Coupe dabei. An sich ein kleines Sahnstückchen wenn der Fahrer kein Vollprolet gewesen wäre. Er ist immer mit quietschenden Reifen angefahren und hat sich auch sonst verhalten wie die Axt im Walde. Ich schätze mal das ist einer von der Sorte die den Frieden auf der Autobahn beim morgendlichen Pendeln extrem stören.

Hab noch zwei Bilder ausgegraben: eines nach dem Mittagessen in der Innenstadt und eines mit allen Teilnehmerautos. am FSZ.

Gruß
Gerhard

[tom47111]

Super Beitrag und schöner Wagen - ich kann mich den Vorschreibern nur anschließen. Wieviel Sprit wars denn ??
Tom

[GvA]

Hallo Tom,

knappe 35 Liter!

Nicht daß ich mich beschweren will, fiel mir einfach nur auf daß die Tanknadel fleissig weitermarschiert auch wenn man "nur" steht, rollt und ab und an mal beschleunigt. Auf 6h umgerechnet ist es dann nicht mehr so viel aber wer rechnet schon den Stundenverbrauch beim Auto aus..

Normalerweise liegt der Verbrauch zwischen 10 und 15 Litern..

Gruß
Gerhard

[fritz]

Hallo GvA,
habe das auch schon mal gemacht, mit meinem damaligen 96 er xjs, cabrio.
Das ist jetzt etwa 2 Jahre her,- und auch ich konnte in den Gesichtern der anderen Teilnehmer( alles Neuzeitautos), eine gewisse Schaden-(Vorfreude) , Häme sprich : Jaguar -Cabrio- zu erwartendes Wasser, etc,erkennen.Es kam aber anders und ich kann mich noch gut an einzelne Szenen erinnern:
Z.B. die , als einer der Fahrer wg. allgemeiner Aufgeregtheit vergaß,
seine Seitenfenster zu schließen , bevor er durch die Wasserfontäne fuhr...
Ich fuhr mit dem jaguar die beste Zeit im Rondell , diese wasserglitschige Bahn.
Folgerichtig bezweifelte einer der Teilnehmer(7 er BMW,neuwertig) dies .
Der Übungsleiter bat dann tatsächlich nur uns beide, die Übung zu wiederholen .
Ich war soooo stolz : Ich war wieder schneller!!
Das zum Hockenheimring und Fahrtraining !
fritz

[tom47111]

10-15 Liter sind ok - moderne Audi Dickschiffe brauchen auch soviel - na ja - beinahe :D

[andrew b.]

Vorsicht, ich habe mir den Spaß letztes Jahr auch gegönnt. War letztlich teuer. Durch die ständige "Schlagbremse" haben sich vorne beide Bremsscheiben verzogen und ein Stoßdämfer gab sein Öl preis.

[GvA]

@fritz: Den Spaß habe ich auch gehabt, alleine dafür müsste man sowas zwischendurch machen..

@tom: der Wagen ist in dieser Konfiguration absolut sparsam (vergleichsweise). Ich brauche mit meinem XJ40 4.0 kaum weniger außer im Stau oder Stadtverkehr. Da beides selten vorkommt habe ich bei beiden Autos fast einen identischen Schnittverbrauch +-1L

@andrew: der Stoßdämpfer wäre auf der Straße früher oder später auch kaputtgegangen. Habe einen neuen Satz Konis drin (>> Garantie) und um die Bremsen mache ich mir keine Sorgen: die werden hier im Schwarzwald auf der Straße z. T. mehr beansprucht als bei dem Fahrertraining wo ich soweit möglich das Material geschont habe außer drei Vollbremsungen.

Generell: wenn bei dem Fahrertraining etwas von alleine kaputtgeht hätte es auf der Straße auch nicht mehr allzulange gehalten. Mit dieser Einstellung bin ich an die Sache herangegangen. Das wäre bei jedem meiner Autos so gewesen. Eine eiernde vordere Bremsscheibe später zu tauschen wäre der gleiche Aufwand gewesen, egal ob Mini, Jaguar, Rover, Opel, ...